Wie Youtuber:innen und Blogger:innen die Käufer:innen beeinflussen – das war das Thema des Vortrags der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation auf der Grazer Gründermesse 2021. Georg Reschen, Fachgruppenobmann-Stellvertreter und Geschäftsführer der Werbeagentur NOSUN, spricht im Interview über die Bedeutung von Influencer:innen.
Der Titel des Vortrags auf der Grazer Gründermesse lautete “Influencer – die neuen Superstars”. Wie “neu” sind Influencer:innen denn wirklich noch?
Georg Reschen: Natürlich gibt es die Internetstars schon länger. Der Titel spielt darauf an, dass Kinder früher Sportler:innen oder Schauspieler:innen bewundert haben und so werden wollten, wie sie. Jetzt wollen viele dieser jungen Generation beispielsweise YouTuber:innen werden. Diese Heroisierung von Vorbildern und Idolen, wodurch Menschen zu angehimmelten Stars werden, passiert zunehmend mit Internet-Celebrities.
Das Klischee, dass diese Influencer:innen nichts können, ist weit verbreitet. Was ist da dran?
Georg Reschen: Die Meinung, dass Influencer:innen davon leben, ohne großen Aufwand Videos ins Internet zu stellen, ist noch immer präsent. Wenn man sich mit dem Thema beschäftigt, wird aber schnell klar, dass es sich dabei um hochspezialisierte Werbefachfrauen und ‑männer handelt, die ganz genau wissen, was sie tun. Sie betreiben viel Aufwand beim Recherchieren, Skripten, Shooten usw. – das ist ein Fulltime-Job, wenn man es professionell macht.
Wann ist die Zusammenarbeit mit Influencer:innen sinnvoll?
Georg Reschen: Das kommt einerseits auf die Kommunikationsstrategie und andererseits auf die Branche an. Vor allem in den Bereichen Reisen, Lifestyle, Beauty und Food sind Influencer:innen sehr erfolgreich. Viele sind aktuell vor allem auf TikTok sehr aktiv, bespielen aber meist mehrere Kanäle.
Stichwort TikTok: Dort sind die User:innen sehr jung. Sind Influencer:innen generell nur für junge Zielgruppen relevant?
Georg Reschen: Es gibt auch Influencer:innen, die ältere Zielgruppen ansprechen. Sie besetzen dann meist eine Nische und somit auch ein enges Thema wie z. B. nur Wein oder nur Fotografie. Es gibt auch Personen, die nicht dem typischen Influencer:innen-Klischee entsprechen und trotzdem viele Follower:innen haben. Eine Zusammenarbeit mit diesen Personen macht durchaus Sinn, sofern sie zur Kommunikationsstrategie passt.
Die meisten und bekanntesten Influencer:innen richten sich ja an Privatpersonen. Spielen sie auch im B2B-Bereich eine Rolle?
Georg Reschen: Das kann auch im B2B-Bereich funktionieren. Beispielsweise gibt es aktuell eine Flut von teilweise selbsternannten Finanzgurus – da geht es um Immobilien, Investments, Beteiligungen etc.
Eine Frage, die im Zusammenhang mit Influencer:innen immer wieder auftaucht, ist jene nach deren Glaubwürdigkeit.
Georg Reschen: Hier darf man nicht alle über einen Kamm scheren. Professionelle Influencer:innen haben inzwischen recht strenge Vorgaben bezüglich Werbedeals. Außerdem müssen sie darauf achten, ihren Ruf nicht zu verderben, indem sie z. B. Produkte bewerben, die nicht gut sind oder indem sie nur so tun, als würden sie Produkte benutzen. Sind Influencer:innen nicht authentisch, verlieren sie ihre Community und damit ihre Werbedeals. Wer den Job professionell macht, ist glaubwürdig – auch dadurch, dass sie sich oft kein Blatt vor den Mund nehmen und Mängel oder Nachteile eines Produkts ansprechen.
Also geben Auftraggeber:innen die Kontrolle über ihre Kommunikation aus der Hand?
Georg Reschen: Vieles wird natürlich im Werbedeal vereinbart — aber klassische Produkt-Review-Blogger:innen bestehen meist darauf, ihre Arbeit ehrlich und authentisch zu halten. Aber Unternehmen können auf mögliche Kritik ja reagieren und beispielsweise bei technischen Geräten Updates nachreichen.
Warum sind Influencer:innen aus der Kommunikation nicht mehr wegzudenken?
Georg Reschen: So können Unternehmen ein großes Publikum erreichen – im Vergleich zu einem Werbespot im Fernsehen beispielsweise ist diese Art der Kommunikation meist billiger und zielgerichteter.
Aber auch die Gagen von Influencer:innen sind wahrscheinlich nicht zu unterschätzen.
Georg Reschen: Ja, aber man muss bedenken, dass man dafür ein All-in-one-Package bekommt. Der oder die Influencer:in dreht das Video, macht Fotos etc. und verbreitet die Inhalte dann über Social Media.
Warum sollen sich Agenturen mit der Zusammenarbeit mit Influencer:innen auseinandersetzen?
Georg Reschen: Ganz allgemein wird die Bedeutung von Bewegtbild weiter zunehmen. Außerdem hören Menschen einfach gerne zu. Diese Art der Werbung – also Onlinevideos – erhält relativ viel Aufmerksamkeit und hat noch viel Potenzial. Und genau das ist das Spezialgebiet der Influencer:innen. Es gibt bereits einige Agenturen, die gut und intensiv mit Vlogger:innen zusammenarbeiten und die perfekte Schnittstelle zu werbenden Kund:innen bilden.