h + © (+br) – was auf den ersten Blick an den Chemieunterricht erinnern mag, ist die Daumenregel für Kalkulationen in der Kreativwirtschaft. Was es dabei zu beachten gilt, erklärt Severin Filek, Geschäftsführer von designaustria, im Interview.
Wofür steht die Formel „h + ©“?
Jedes Gestaltungshonorar im kreativwirtschaftlichen Bereich besteht aus zwei Teilen: Dem Leistungshonorar und einem Nutzungsrechtanteil. Zweiteres erwirbt der Auftraggeber, wenn das Projekt umgesetzt wird. Es dürfen dann also beispielsweise 100.000 Stück eines Folders gedruckt werden, wenn die Nutzungsrechte erworben wurden. Die dahinterliegenden Daten bleiben aber immer im Besitz des Urhebers.
Diese Formel kann dann noch durch „br“ erweitert werden?
Genau, Urheber können neben dem Arbeitshonorar und dem Nutzungsrecht auch noch aus dem Bearbeitungsrecht finanziellen Nutzen ziehen. Für einen zusätzlichen Aufschlag übergibt man also die offenen Daten. Dann darf der Kunde diese verwenden und vor allem verändern, also bearbeiten. Als Gestalter hat man dann kein Mitspracherecht mehr.
Wie viel können Agenturen für das Bearbeitungsrecht verlangen?
Dafür gibt es unterschiedliche Ansätze. In Österreich wird vielfach das Faktorensystem nach Friedrich Eisenmenger für die Kalkulation genutzt. Für verschiedene Leistungen werden unterschiedliche Faktoren zur Verrechnung herangezogen, die zwischen 0,5 und 2 liegen. Das Bearbeitungsrecht ist da ein Ausreißer und mit dem Faktor 3 zu verrechnen.
Was kann man sich konkret unter diesen Faktoren vorstellen?
Ausgegangen wird immer von der Arbeitszeit, die mit dem Faktor multipliziert wird. Agenturen haben einen Stundensatz für Kreativleistungen. Wird ein Plakat erstellt und dieses nur in Graz veröffentlicht, wird für die Nutzungsrechte beispielsweise der Faktor 0,5 der Arbeitsleistung verrechnet. Wird das Plakat allerdings in der ganzen Steiermark verwendet, wird der Faktor 0,75 angewendet, für ganz Österreich der Faktor 1 und so weiter. Wichtig ist, dass die Berechnung jederzeit nachvollziehbar ist.
Der Aufschlag für das Bearbeitungsrecht ist im Vergleich zum Nutzungsrecht also sehr hoch. Wie rechtfertigt man das gegenüber dem Kunden?
Um das zu beantworten, sollte man sich die Frage stellen, warum der Auftraggeber uneingeschränkte Rechte haben will. Oft wollen Kunden die Daten intern bearbeiten oder zu günstigeren Agenturen wechseln. Grundsätzlich ist es am einfachsten, solche Eventualitäten von Anfang an klarzustellen. Viele Agenturen haben AGBs, in denen festgehalten wird, dass die Daten beim Urheber bleiben.
Aber wer liest schon AGBs?
Nicht jeder, aber Angebote schon. Jede Agentur kann darin die Gestaltungsleistung anbieten mit einem Stundensatz als Kreativstunde, dann Korrekturstunden zu einem verbilligten Satz und dann zusätzlich zwei oder drei Optionen bzgl. der Nutzungsrechte und eventuell sofern gewünscht auch Bearbeitungsrechte berücksichtigen, also Übergabe der offenen Daten.
Was empfehlen Sie Agenturen, die unsicher sind, wie sie richtig kalkulieren?
Oft werden im Kreativbereich verkaufstechnische Maßnahmen außer Acht gelassen. Deshalb mein Plädoyer an alle: Es zahlt sich aus, in Workshops, Schulungen etc. zu investieren und sich mit Kollegen auszutauschen. Ich kann auch das Handbuch „Design: Auftrag & Recht“ bzw. „Design: Kalkulation & Honorar“ empfehlen.